Gerechtigkeit durchs Internet

»Digital« scheint das Wundermittel für alle heutigen Probleme. Mit erheblichen Nebenwirkungen: Strom- und Ressourcenverbrauch, Hoheitsverluste bei Persönlichkeitsrechten, Monopolisierungen. Geht da alles mit gerechten Dingen zu?

Das haben wir gemeinsam mit Euch diskutiert, als wir im Rahmen des diesjährigen Klimaherbstes am 17. Oktober 2017 in der Münchner GLS-Filiale über “Gerechtigkeit durchs Internet – schon zu spät oder jetzt erst recht” referierten.

Was hat das Internet mit Gerechtigkeit zu tun?

Zunächst: digital und Internet sind nur ein Werkzeug. Eine Technologie. Wie wir dieses Werkzeug verwenden und wozu wir es einsetzen – ist die Entscheidung eines jeden Einzelnen und Objekt gesellschaftlichen Diskurses.

Daher die Frage, warum die Versprechen nach einer offenen und gerechten Gesellschaft, nach Arbeitserleichterung und dem globalen Dorf bislang nicht in Erfüllung gegangen sind.

E-Mail zum Beispiel: Weniger Zeitverzögerung in der Korrespondenz, keine Briefmarken mehr, weniger Papierverbrauch – insgesamt eine gute Sache.

Die Zeit, die eine Nachricht benötigt, ist mit E-Mails um Tage geschrumpft. Und was tun wir mit dieser Arbeitserleichterung? Wir rebounden und schreiben so viel mehr E-Mails (durchschnittlich 28 pro Tag in Deutschland), dass wir weitere Online-Dienste brauchen, um die Flut zu managen. Und: 78% davon sind Spam.

1.556 ungelesene E-Mails.

Zugegeben: Sinnlose E-Mails sind nicht ungerecht. Das wird es aber, wenn ein Staat oder ein Unternehmen mitliest – das teuer erkämpfte Briefgeheimnis lässt grüßen – oder wenn meine E-Mail-Adresse unbefugt an Dritte verkauft wird. Zudem: Eine E-Mail produziert 0,3 Gramm CO2.

Digital wird den Ansprüchen nicht gerecht

Dann nämlich werden mithilfe digitaler Technologien meine Persönlichkeitsrechte untergraben. Und nicht nur die.

Nahezu alle Endgeräte basieren auf Raubbau an Natur und Arbeitskräften. Digitale Geräte werden 2020 ein Fünftel des gesamtdeutschen Stromes verbrauchen.

Digital verändert nicht nur unser Stadtbild.

Monopole von Unternehmern, die weder sozial noch demokratisch, geschweige denn marktwirtschaftlich denken, sind auch nicht gerade vertrauenswürdig, wenn es um den Schutz der offenen Gesellschaft geht.

Denn wir wissen, spätestens seit Naomi Klein, dass es ohne offene Gesellschaft keinen Postkapitalismus und ergo keinen glückenden Klimawandel geben wird.

Und nun?

Gemeinsam mit den 37 Teilnehmerinnen und Teilnehmern haben wir diskutiert, was man tun kann – im Großen wie im Kleinen.

Neben praktischen Tipps, wie man die Monopole umschiffen kann, seine Daten halbwegs sichert oder ressourcenschonend surft, ergab sich schnell, dass man alleine als (nicht technikaffiner) Verbraucher an seine Grenzen stößt. Welcher Laie kann sich einen PGP-Key besorgen oder sein Smartphone von vorinstallierten Apps befreien?

Umso wichtiger ist Technik-Aufklärung (wir arbeiten dran) und politisches Engagement – ich schlage old school einen Brief an unsere Bundstagsabgeordneten vor?

Oder wir machen es wie dieser Schwede und engagieren uns für digitale Technologien mit sozialer DNA.

Derweil vielen Dank an alle, die dabei waren. Hier gibt´s die Präsentation zum Herunterladen, inklusive Notizen und Quellen.