Tool zum systemischen Konsensieren – User Research

Wir bauen ein neues Tool. Es soll Entscheiden in Gruppen und Teams vereinfachen. Warum? Wir sind regelmäßig frustriert, wenn in Teams und Gruppen schlechte Entscheidungen getroffen werden: weil es zu lange dauert oder eine unsachliche Diskussionskultur herrscht.

Soweit unser Eindruck. Nur stimmt er? Haben andere schwerwiegende Probleme bei Gruppenentscheidungen. Und wenn ja, kann ein Tool sie beheben?

Ist an dem Problem was dran?

Wir haben eine Befragung konzipiert, eine Kombination aus dem klassischen problemzentrierten Interview und Weltsichtfragen zum Thema Entscheidungsfindung.

Anschließend haben wir Early Adopter festgelegt. Das sind Menschen, von denen wir annehmen, dass sie das Tool frühzeitig einsetzen würden. Entweder weil ihr Problem so häufig und groß ist oder weil sie neuen Tools gegenüber aufgeschlossen sind.

Unsere Early Adopter sind einerseits Menschen, die in Unternehmen Teamarbeit koordinieren, mit agilen Arbeitsmethoden vertraut sind oder Netzwerkorganisationen schon mal von innen gesehen habe. Andererseits Menschen aus der ehrenamtlichen Szene. Denn hier nehmen wir an, dass die Ressourcen Zeit, Engagement und Geduld rar sind, gleichzeitig aber das gemeinsame Ziel feststeht.

Insgesamt haben wir 14 Probanden angeschrieben und vier Interviews (drei weiblich, ein männlich) durchgeführt. Eine Conversion Rate von 29% belegt, dass ein grundlegendes Interesse an dem Thema besteht (anvisiert waren 20%).

Vier Interviews sind außerdem vorteilhaft, weil es bei Probleminterviews nicht um Quantität geht. Obschon in unserer Gesellschaft Individualität groß geschrieben wird, häufen sich Antworten und Meinungen recht schnell. Deshalb steigt der Aufwand für den Product Owner mit jedem zusätzlichen Interview unnötig, ohne dass weiterer Mehrwert entsteht. Drei bis fünf Interviews reichen im ersten Schritt der Produktentwicklung vollkommen aus, um 80% des substantiellen Wissens zu generieren.

Gruppenentscheidungen sind schmerzhaft

Die Probanden waren sich einig: Entscheidungen in Teams zu treffen, ist kein Selbstzweck und oft negativ konnotiert. Es ärgert die Probanden zu einem aufwändig organisierten Meeting zu kommen, in dem sie auf unklare Fragestellungen und Rahmenbedingungen treffen. Leider kommt das im Arbeitsumfeld sehr häufig vor – sagen ebenfalls alle vier.

Frustrierend ist häufig die Gruppendynamik, die dazu führt, dass gar keine Kreativität entstehen kann und das Phänomen, dass sich einzelne Teilnehmer profilieren (vor dem Chef oder der Gruppe), in dem sie viele Redeanteile beanspruchen und dabei wenig Neues zu sagen haben.

Entscheiden im Team kann auf den Holzweg führen.

Schwer fällt den Probanden auch, wenn sie sich mit ihren Vorschlägen nicht durchsetzen können. Gleichzeitig sind sie meistens kompromissbereit und revidieren ihre Auffassungen, wenn gute Argumente sie überzeugt haben.

Das schwerwiegendste Problem indes besteht darin, dass andere Gruppenteilnehmer oder Teammitglieder einen Redebeitrag zu persönlich nehmen und beleidigt sind. Dann ist laut den Probanden konstruktives Arbeiten nicht mehr möglich, weil die Sachebene verlassen worden ist. Pointiert zusammengefasst könnte man sagen:

Sei professionell am Arbeitsplatz. Sei authentisch am Arbeitsplatz. Werde dabei nicht zwiespältig!

Schwerwiegend daran ist, dass dieser Vorgang für die Probanden oft nicht nachvollziehbar ist und sie mitunter sogar ein schlechtes Gewissen plagt. Hinzukommt, dass es nur mangelhafte Lösungen für das Problem gibt. Versuche auf die Sachebene zurückzukehren, scheitern häufig.

Wie weiter?

Die Probleme in Gruppenentscheidungen sind komplex, weil sie maßgeblich auf menschlicher Kommunikation basieren. Die Unterscheidung sachlich-persönlich und das Einbringen von Hidden Agendas sind wesentlich. Der Frust auch. Kann ein Tool das lösen?